Brüder im Sturm

Brothers in the storm

Eine Dokumentation über das Sudetenland und die Sudetendeutschen, ausgeführt von der Truman State University, Kirksville, Missouri 63501, U.S.A.


von Dr. James Paulding
, Truman State University

„Die Welt weiß von den Verbrechen Deutschlands, aber die Welt weiß nichts, was man den Deutschen angetan hat“, sagte Ronald Reagan seinerzeit, als er Präsident der U.S.A. war.

Unsere Video-Dokumentation beginnt mit einer Szene, in der tschechische Partisanen zu einem Bauernhof kommen und den deutschen Bauern, der während des Dritten Reiches keine politische Funktion hatte, sowie seine Familie auf brutale Weise quälten und danach erschossen.

Obwohl Jahrhunderte lang Tschechen und Deutsche oft nebeneinander und miteinander lebten, kam es zu diesen Grausamkeiten, die man heute noch nicht verstehen und erklären kann.

Diese Film-Dokumentation geht zurück bis zu den Anfängen der Besiedlung des böhmisch-mährisch-schlesischen Raumes, von dem das Bayern-Land seinen Namen hat. Denn es waren die keltischen Boier, die Böhmen als erste besiedelt hatten. Danach kamen germanische Stämme und im 5. und 6. Jahrhundert wanderten slawische Stämme vor allem in die fruchtbaren Beckenlandschaften ein und nahmen sie in Besitz. Die Randgebirge aber blieben bis ins 11. und 12. Jahrhundert beinahe undurchdringliches Urwaldgebiet, bis deutsche Siedler ins Land gerufen wurden, Städte und Dörfer gründeten und hier die Heimat der späteren Sudetendeutschen schufen. Ein deutsch-germanisches Bevölkerungssubstrat muss jedoch vorher schon vorhanden gewesen sein, denn anders könnte man sich das rasche Aufblühen deutscher Kultur und Sitte nicht erklären.

Böhmen wurde bald ein wichtiger Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, und Kaiser Karl IV. machte Prag vor 700 Jahren zur Hauptstadt des Reiches. Hier entstand die erste deutschsprachige Universität, deutsche Baumeister schufen gewaltige Bauwerke wie den Veits-Dom oder die Karlsbrücke über die Moldau, die heute noch unsere Bewunderung finden. Das Land erfuhr eine geistige und wirtschaftliche Blüte.

Erst die Zeiten der Hussitenkriege brachten weiten Landstrichen Elend und Verwüstung, in denen auch das Deutschtum im Inneren Böhmens vernichtet und in den Randbereichen geschwächt wurde. Aus diesem religiösen Konflikt wurde bald ein sozialer, mit einer nationalistischen Stoßrichtung gegen das reiche deutsche Bürgertum. Nach einer Zeit des Wiederaufbaus brachte der Dreißigjährige Krieg neuerliche Greuel ins Land. In der Regierungszeit der Habsburger kam es zu einer harmonischen Entwicklung, die lange Zeit anhielt und in deren Folge sich auch die Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen gedeihlich entwickelten.

Erst die Pan-Slawische Bewegung von 1848 weckte erneut den tschechischen Nationalismus, der sich gegen das Deutschtum richtete und schließlich die Habsburger Monarchie zerstörte. Die Gründung der Tschechoslowakei durch Masaryk und Benesch brachte neben den Ungarn und anderen Minderheiten 3½ Millionen Sudetendeutsche gegen ihren erklärten Willen in diesen Staat. Formell war dieser Staat zwar demokratisch, aber faktisch waren die Minderheiten zahlreichen Schikanen ausgesetzt. Eine erste Willensbekundung der Sudetendeutschen in ihrem gesamten Siedlungsgebiet wurde von tschechischem Militär gewaltsam unterdrückt und es kam zu den ersten sudetendeutschen Blutzeugen. Die große Arbeitslosigkeit als Folge der Weltwirtschaftskrise, von der die sudetendeutsche Exportindustrie besonders betroffen war, sowie die Unterdrückung der deutschen Kultur, führte schließlich zur Abtretungsvereinbarung, zum Münchner Abkommen, in dem die Form einer reibungslosen Übergabe geregelt wurde, und zur Angliederung an das Deutsche Reich.

Benesch trat als Präsident ab und ging ins Exil nach London. Während seiner Exilzeit plante er die Vertreibung der Sudetendeutschen, die von Stalin gebilligt und in Potsdam von den Alliierten „de facto“ akzeptiert wurde.

Auch die Benesch-Dekrete werden in diesem Film erwähnt, und es wird an die tschechische Regierung appelliert, diese von Anfang an für null und nichtig zu erklären. In diesen Dekreten sind Mord, Enteignung und Vertreibung der Sudetendeutschen Volksgruppe verankert, und ein Staat, der auf diesen Rechtsfundamenten aufbaut, kann nicht Mitglied einer westlichen Wertegemeinschaft werden. Schon 1950 haben die Sudetendeutschen auf Rache und Vergeltung verzichtet, sie erwarten jedoch heute die Verwirklichung der Menschenrechte und die Wiedergutmachung erlittenen Unrechts, das heißt: die Wiederherstellung des Heimat- und Eigentumsrechtes. In diesem Film werden die Resolutionen des Amerikanischen Kongresses, des Europäischen Parlaments sowie der Russischen Duma als Fundament einer künftigen Völkerverständigung erwähnt. Die Film-Dokumentation zeigt auch, dass viele heimatvertriebene Sudetendeutsche in ihrer angestammten Heimat ihre vorn Verfall bedrohten Kirchen und Baudenkmäler mit ihren Geldern restaurieren, als äußeres Zeichen des Besitzanspruchs, aber auch als Geste der Völkerverständigung.

Es wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die neu heranwachsende tschechische Generation erkennen möge, dass ihr eigener Wohlstand in Europa davon abhängt, inwieweit sie bereit ist, ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten und zu einer gerechten Wiedergutmachung beizutragen.

Obwohl diese Sudetenland-Dokumentation der Truman State University hauptsächlich für den Geschichtsunterricht an amerikanischen Schulen gedacht ist, hat sie in Deutschland eine noch viel größere Bedeutung. Es ist ein erster Anfang, auch in Amerika auf die Verbrechen hinzuweisen, die den Sudetendeutschen zugefügt worden sind.

Bezieht dieses Video und überreicht es nicht nur Euren Enkeln, sondern auch den Schulleitungen, den Büchereien Eurer Heimatorte, den Mandatsträgern aller Ebenen. Besonders bei den Letzteren, als den politisch Verantwortlichen, ist eine objektive Information und Aufklärung notwendig. Erkenntnis, Reue, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Völkerverständigung.

Diese Video-Dokumentation ist in gutem Englisch gesprochen, mit deutschen Untertiteln versehen und eignet sich auch vorzüglich für Sprachübungen im Englisch-Unterricht.

Truman State University
Dr. James Paulding

Der Film „Brüder im Sturm“

Wie der Film entstand

Sudetenland-Dokumentation der Truman University

Im Rahmen meiner Vortragsreihe über Hans Kudlich und die großen Vertreibungen von 1945/46 bei verschiedenen amerikanischen Universitäten und bei den Tagungen der „American Society for German American Studies“ wurde mir der Vorschlag gemacht, ein 30 Minuten Lehr-Video über die Ereignisse im Sudetenland zu unterstützen. Professor Dr. James Paulding der Truman University of Kirksville, Missouri, der sich seit einigen Jahren mit der Produktion von Lehrfilmen befasst, übernahm dieses Projekt. Uns wurde klar, dass dem amerikanischen Volk, aber auch im Rahmen des Geschichtsunterrichtes in Schulen, die Vertreibungen östlich der Oder-Neiße-Linie, im Sudetenland wie auch Osteuropa total unbekannt sind. Ob bewusst oder nicht, soll hier nicht zur Diskussion gestellt werden.

Da wir durch unsere Restaurierungen in unserem Heimatort Schwansdorf, Kreis Troppau, Ostsudetenland, bekannt wurden und da wir nicht als Revanchisten gelten, sondern die reine Wahrheit suchen, waren wir der richtige Partner.

Von verschiedenen sudetendeutschen Persönlichkeiten bekamen wir Unterlagen, damit der geschichtliche Teil hieb- und stichfest wird.

Nach verschiedenen Besprechungen mit Professor Paulding und anderen Sudetendeutschen fuhren wir am 1. September 1999 in meine angestammte Heimat, um dort mit den aktuellen Aufnahmen zu beginnen.

Als wir ankamen, regnete es – mit wenig Aussicht auf gutes Wetter, was ja für das Filmen notwendig ist. Aus der amerikanischen Patengemeinde der heimatvertriebenen Schwansdorfer/Tschirmer, der Gemeinde Plain, Wisconsin, kam auch der Bürgermeister mit Gefolge, einschließlich Pfarrer Gary Wankerl.

Wir wohnten in Bautsch in einem einst sozialistischen Hotel. Eine weitere Gruppe, welche Landsmann Erhard Zopp organisierte, kam per Reisebus auch zu den geplanten Einweihungen. Sie wohnten in Wigstadtl.

Als es am Donnerstag-Abend, dem 2. September 1999, noch aussichtslos regnete, sagte ich zu Pfarrer Wankerl: „Jetzt müssen wir aber anständig beten, sodass uns der liebe Gott ein einigermaßen gutes Wetter schickt, sonst sind die Einweihungen und das Filmen eine Katastrophe“. Das war wohl das erste Mal in der Geschichte des Hotels, dass dort öffentlich gebetet wurde. Die Einweihungen waren für den 3. September 1999 nachmittags angesetzt. Bischof Lobkowicz aus Ostrau/Troppau und sieben weitere Geistliche hatten sich angekündigt sowie das tschechische Fernsehen und die Zeitung aus Troppau.

Gegen 11:00 Uhr verschwanden der Nebel und das Regenwetter, und um 14:00 Uhr herrschte herrliches Herbstwetter mit Sonnenschein. Über diese Feierlichkeiten wurde schon anderweitig berichtet. Es wurden der vor dem Zusammensturz gerettete Kirchturm, das geschändete Kriegerdenkmal, ein vollständig restauriertes Wegkreuz und der Gedenkstein am Massengrab der Oberlehrerfamilie eingeweiht. Dazu kam auch Diplomingenieur Gerhard Seidel, gebürtig in Wigstadtl, und jetzt Entwicklungsleiter bei Boing Aircraft in Seattle Washington. Er hielt die Grabrede in Deutsch, Tschechisch und Englisch.

Unser Vertrauensmann Edmund Jakel aus Bautsch, gebürtig in Bernhau, ermöglichte es, eine Genehmigung zu bekommen, um das Sperrgebiet zu filmen, in dem 27 Dörfer von den Kommunisten total vernichtet wurden. Wir waren auch am Friedhof zu Lobenstein, besuchten das Kudlich-Museum sowie die auch schon sehr dem Verfall preisgegebene Kudlich-Warte.

In Landskron wurde am Marktplatz gefilmt, wo mehr als 40 Deutsche, darunter der Vater und Onkel meiner Frau, zu Tode gemartert wurden. Vom Massengrab ist nichts mehr zu finden, aber wir bekamen, wenn auch schlechte, Fotos vom eigentlichen Massengrab.

Herr und Frau Jentschke, die Retter des Muttergottesberges bei Grulich, kamen speziell von Berlin nach Grulich, um uns bei den Aufnahmen zu unterstützen. Er organisierte einen Empfang im Rathaus mit dem dortigen Oberbürgermeister. Das beigefügte Foto zeigt den 1. und 2. Bürgermeister, Herrn und Frau Jentschke, Gerhard Seidel mit Gattin, Frau Helga Paulding, sowie meine Frau und mich. Während dieses eineinhalbstündigen Gespräches wurde sehr offen diskutiert und ich betonte, dass die Prager Regierung sich zu den Verbrechen und sogar Dummheiten bekennen muss, wie es die Lehre Gottes fordert. Sonst können sich die Tschechen von dieser Last nicht befreien.

Professor Paulding mit Gattin fuhren anschließend nach Tabor und Prag, um weitere Aufnahmen zu machen. Landsmann Alfons Mader, ein Schulkollege von mir aus Neudorf, jetzt Nürnberg, unterstützte Dr. Paulding in Prag und anderen westböhmischen Gegenden, die er besser kennt als ich.

Leider muss ein Lehrfilm auf 27 Minuten abgegrenzt sein und somit kann natürlich sehr viel nicht gebracht werden. Aber wir glauben, dass es ein sehr guter, objektiver und lehrreicher Film sein wird. Unterstützt wurden wir auch vom westdeutschen Fernsehen, das verschiedene Aufnahmen zur Verfügung stellte. Man will auch dort die deutsche Übersetzung machen und ausstrahlen.

Anlässlich des Pfingsttreffens der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Nürnberg soll diese Dokumentation vorgestellt werden. Bitte besuchen Sie uns an unserem Stand.

Professor Dr. Paulding und seine Mitarbeiter der Truman-University rechnen damit, dass etwa 100 000 Kopien an amerikanische High Schools, Colleges, Universitäten und Bibliotheken abgegeben werden können.

Diesem Video wird eine umfangreiche Broschüre beigefügt, welche die Einzelheiten schriftlich dokumentiert, die im Video nur gekürzt dargestellt werden können.

Soll das 21. Jahrhundert weniger Hass und Blutvergießen für unsere zukünftige Generationen bringen, dann müssen wir den Mut haben und zur absoluten Wahrheit stehen. Die absolute Wahrheit ist die einzige Verständigung zwischen Menschen und Völkern.

Karl Hausner
28 Concord Drive
Oak Brook, IL 60523-1767

Aus: „Eintracht“, der Wochenzeitung für die Deutschsprachigen.
Chicago 2000-01-29, Jahrgang 78 – Ausgabe 22, Seite 3.